…oder beginnt besser gesagt meine Laufkarriere erst so richtig – der Halbmarathon stand am Programm. 21,095km bei fast zu heißem Traumwetter (wolkenlos, Sonne, etwas windig, bis zu 20°C)
So ein Marathon-Tag in einer mittleren Stadt wie Linz ist schon was besonderes. Schon im Zug waren schätzungsweise 90% eindeutig erkennbare Läufer unterwegs (ohne mir, denn ich war in Normalkleidung und mit normalem Rucksack statt dem Kleiderbeutel „getarnt“) und garantiert war der IC um 6:54 ab Vöcklabruck somit auch um einiges voller als sonst.
Auch am Linzer Hauptbahnhof regierte der Dresscode „LäuferIn“ 🙂 So ein Publikum hatte ich hier bis jetzt auch noch nie gesehen gehabt.
Spannend wurde es dann bereits beim Gang zum Büro – die Straßen waren bereits seit 6:00 morgens gesperrt und dementsprechend wenig war los. Ungewohnt angenehm, wenn auf dichtbevölkerten Straßen überhaupt nichts los ist.
Hie und da sah ich dafür bereits die ersten Läufer die auf dem Weg zur Tabakfabrik bzw. zum Start auf der Autobahnbrücke waren. Frisch war es da auch noch mit ca. 7°C bei klarem Himmel und der Aussicht auf traumhaftes Wetter.
Im Büro angekommen stellte sich mir erst mal die Frage – kurz oder lang? Bisher hätte ich ja eher zu langen Sachen tendiert, vor allem da ich heuer auch durch den langen Winter immer nur mehrlagig eingepackt unterwegs war.
Die Entscheidung fiel letztendlich auf beides Mal kurz – sowohl Leibche als auch Hose. Und die erwies sich als goldrichtig, wie mir später klar wurde.
Auf dem Weg vom Büro zum Start marschierte ich die Gruberstraße entlang und konnte auch die bereits um 8:00 gestarteten Inliner und Handbiker beobachten – die tiefliegenden Handbikes sahen schon sehr lässig aus. Da bekommt man wieder richtig Lust auf einen eigenen Tieflieger.
Je näher es zum Start ging umso mehr Läufer tummelten sich auf den Straßen. Und nie hätte ich die Autobahnbrücke so voll erwartet. Leider war es schon so dicht gedrängt, dass ich mich nur in dem erstbesten Sektor irgendwo reingedrängen konnte (der zum Glück auch dann der richtige für meine anvisierte Zielzeit war). Die anderen Twitterati fand ich leider nicht (und sah ich auch nicht mehr). Auch von meinen Arbeitskollegen sah ich niemanden.
Kurz vor dem Start dröhnte dann so laut Musik aus den Lautsprechern, dass es schon richtig weh tat. Die darauffolgende Bundeshymne schmerzte schon richtig (und fand ich ehrlicherweise auch nicht besonders nötig), dafür war die Schweigeminute für die Boston-Opfer voll ok.
Dann endlich der Startschuß und natürlich dauerte es gleich einmal ein paar Minuten bis sich der Troß in Bewegung setzte. Ich nahm mich bewusst zurück um mich nicht gleich komplett zu zerstören und ließ viele anderen Läufer ziehen. Gleich bei km1 kam die Überraschung – obwohl ich meine nötige Geschwindigkeit übertraf war ich gleich einmal um 1:50 Minuten hinten nach. Wie konnte denn das sein?? Stimmte meine Uhrgeschwindigkeit sowas von überhaupt nicht? Zweifel, Zweifel… Zum Glück bei km2 dann gleich wieder Entwarnung, der 2. Kilometer passte von der Zeit her – anscheinend hatte ich zu früh eingeschaltet (war ich aber nicht der Einzige). Doch so ganz traute ich dem doch nicht und zog vorsichtig das Tempo an, sodass ich je Kilometer immer ein paar Sekunden wegschleifen konnte – ich musste also mit ca. 5:30min/km unterwegs sein.
Einen ersten Fehler machte ich auch bereits – ich trank vor dem Start nichts mehr! (Fürs nächste Mal weiß ich dass ich eine Flasche zum Start mitnehmen soll um diese dann dort zu entsorgen…) Das merkte ich bis zur ersten Labe bei km5 bereits deutlich. Und warum zum Teufel machte ich dann nur ein paar kleine Schlucke von dem Wasser dort? Mehr wollte einfach nicht runter bzw. wollte ich ja auch nicht stehenbleiben um Sekunden zu verlieren. Dafür leerte ich den Rest vom Becher in meinen Nacken was sicher auch nicht ganz verkehrt war…
Weiter ging die Sekunden-Jagd. Bei km8 spürte ich kurz etwas Schmerzen im linken Knie, doch das verging dann recht bald wieder.
Kurz nach km10 dann eine Überraschung – mein Arbeitskollege Robert war plötzlich 20m vor mir. Beim Businesslauf war/ist der bei uns regelmässig der Beste und ich sehe bestenfalls kurz seine Fersen. Aber gut, er hatte im Vorfeld gemeint, dass er nicht wirklich viel traininert hatte und es mehr einmal ausprobieren wollte einen HM zu laufen…
Gut, jedenfalls brauchte ich weitere 2km um zu ihm aufzuschließen (er war 2min nach mir gestartet und hatte mich anscheinend schon bereits überholt gehabt) und von da an liefen wir gemeinsam mit etwas Gequatsche weiter. Er war anscheinend auch ganz froh nicht allein laufen zu müssen und es wirkte so als ob ich ihn etwas mitziehen konnte.
Lt. meinem Plan wollte ich vor der 3. Labe dann noch mein Gel einwerfen, damit ich es dann mit Wasser entsprechend unterspülen kann – doch überraschenderweise tauchte die Labe schon plötzlich vor mir auf und ich endete damit in einer Hand das Gel und in der anderen den Becher zu haben und zu versuchen das einigermassen annehmbar runterzubringen. Dadurch war etwas zu viel Hektik drinnen und im Endeffekt trank ich wieder ein bisschen zu wenig.
Durch das gemeinsame Laufen mit Robert war es aber insgesamt schon einfacher als wenn ich hätte allein laufen müssen. Denn bei km15 machten sich dann bereits erste Verschleiss- bzw. Müdigkeitserscheinungen bemerkbar – wobei ich gleichzeitig erstmals unter meiner geplanten km-Durchgangszeit blieb. Der Tritt war jedoch nicht mehr ganz so locker wie zuvor und ganz langsam wurde der Kopf immer wichtiger und die Beine liefen einfach von selber weiter.
km17-18 – in der Dinghoferstraße begann dann der Kampf. Robert lief noch immer locker, wechselte zur Entspannung auch mal im Sidestep oder nur auf Vorderfuß und jetzt zog er mich weiter mit. Fast bei der Donau angelangt gab es dort die letzte Labestelle bevor es nochmal zurück bis zur Bahn und zum Abschluß die Landstraße entlang ins Ziel ging.
Und genau passierte mir ein Fehler, der mir beinahe alles zunichte gemacht hätte. Ich hatte im Vorfeld gelesen, dass gegen Ende Cola recht gut sein sollte, da es ja wie ein Afterburner wirken soll und durch den Zuckerschub noch mal richtig Energie aus dem Körper rausholt. Für die letzten 3km also genau richtig. Doch womit ich nicht gerechnet hatte war der darauffolgende Magenkrampf, den vermutlich die Kohlensäure auslöste. Es fühlte sich so an als jemand mit der Hand meinen Magen mit voller Kraft zusammenquetscht – nicht gerade ideal beim Laufen. Stehenbleiben wollte ich allerdings nicht, denn ich wusste wenn ich einmal stehe kann ich nicht mehr weiterlaufen. So wurde ich zwar nur etwas langsamer und versuchte ruhig und tief aus und einzuatmen und hoffte das es wieder verging. Es brauchte zwar sicher einen halben Kilometer aber es verging. 🙂 Puh, Glück gehabt. Das nächste Mal gibts sicher kein Cola für mich.
Doch gut ging es auch nicht mehr. Vor der letzten Kurve – dem Abbiegen in die Landstraße – musste ich dann auch Robert ziehen lassen (der mir dann noch bis ins Ziel eine Minute abnahm) und kämpfte mich mehr oder weniger alleine den letzten Kilometer entlang. Das Spalier der Zuschauer wurde immer enger und die Anfeuerungen immer lauter – doch ich bekam nicht wirklich was davon mit – ich war nur mehr auf das Pflaster vor mir konzentriert bzw. die Füße zum Weitermachen zu bewegen. Und als dann in der Ferne das Zielbanner auftauchte konnte ich sogar doch noch mal ein wenig zulegen.
Nach dem Zieleinlauf dann gleich der erste Blick auf die Uhr – 1:58:51 – YESS!! Alle Ziele waren erreicht. Dass ich unter 2 Stunden bleiben konnte hätte ich mir ein paar Wochen zuvor nicht zu träumen erhofft. Umso besser noch als ich später meine offizielle Zeit erfuhr – 1:57:26 also noch besser! Und wirklich war der Start anscheinend erst einiges nach dem Startbanner gewesen.
Nach der Ziellabe schlurfte ich langsam aber mit Adrenalin und Glückshormonen vollgepumpt zurück ins Büro unter die Dusche und anschließend dann ganz heim um auf der Terrasse in der Sonne den Tag herrlich weiter zu genießen.
Oh, what a beautiful Sunday!
Zusammenfassend noch was gut und was schlecht war:
- – vor dem Start nichts mehr getrunken
- – vor dem Start nichts mehr gegessen
- – bei den Laben zu wenig Zeit zum Trinken genommen
- – das Gel zu hektisch mit zu wenig Wasser genommen
- – Cola war gar nicht gut
- – Startnummerngürtel + leerer Hüftgurt (für Gel+Handy) war nicht gut
- – zu viel auf 2. Hälfte gequatscht
- + beim Start nicht zu sehr von den anderen mitreissen lassen
- + Wasser in den Nacken tut sehr gut
- + kurzes Gewand + Kappe war perfekte Entscheidung
- + negative Split, baby!
Leider hat mich dann in der Nacht die Speiberei der Kids doch noch eingeholt und vor allem Montag war ich mit Kopfschmerzen, Muskelkater in den Oberschenkeln und Fieber ans Bett gefesselt – aber das war es wert! 🙂
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